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Friedliche Koexistenz ist möglich

Würzburg (POW) Eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Frage, welche Rolle Gewalt und Gewalttätigkeit in der Religion spielt, hat Dr. Rotraud Wielandt, Professorin für Islamkunde und Arabistik an der Universität Bamberg, gefordert. Bei einer Tagung der Katholischen Akademie Domschule Würzburg am 1. und 2. März im Sankt-Burkardus-Haus wies sie sowohl die These, der Islam sei seiner Natur nach agressiv, als auch die Darstellung mancher Muslime, es handele sich um eine ganz und gar friedliebende Religion, als zu pauschal zurück.
 
Die vom Referenten für Weltanschauungs- und Religionsfragen der Diözese Würzburg, Pfarrer Alfred Singer, geleitete Tagung fragte: Begründet der Wahrheitsanspruch der Religionen eine Tendenz zur Gewalt oder können Vertreter verschiedener Religionen für ihre Einstellung zu Gewalt vielmehr voneinander lernen? Allgemein stellte sich Professor Dr. Norbert Klaes (Würzburg) dieser Frage. Zum Judentum referierte Professor Dr. Dr. Karlheinz Müller (Würzburg) und zum Buddhismus Dr. Alfred Weil (Erzhausen).
 
„Im Koran finden sich zutiefst friedfertige Verse, aber es gibt auch Verse, die zum Krieg aufrufen“, verdeutlichte die Islamkundlerin Wielandt. Es sei historisch unredlich, den Begriff „Dschihad“ lediglich als ein „friedliches Bemühen“ zu interpretieren, wie es beispielsweise der Lehrplan des Landes Nordrhein-Westfalen für den Religionsunterricht vorsehe. Vielmehr bezeichne dieser Begriff an mehr als 80 Prozent der koranischen Fundstellen eindeutig eine kriegerische Auseinandersetzung, einen „Heiligen Krieg“. Man müsse der Tatsache ins Auge sehen, dass mit dem Aufruf zum Dschihad in den frühen islamischen Theorien eine Forderung zur Unterwerfung des von Ungläubigen beherrschten Territoriums verbunden gewesen sei.
 
Heute vertrete eine breite Mehrheit islamischer Lehrer jedoch die Theorie, der Dschihad sei allein auf den Verteidigungsfall zu beschränken, betonte Wielandt. Wissenschaftlich stehe allerdings noch eine Aufarbeitung aus, welche die geschichtliche Bedingtheit mancher Aussagen des Korans aufzeige. Nur so könne verhindert werden, dass Machtpolitiker wie der irakische Diktator Saddam Hussein den religiösen Begriff „Dschihad“ für rein politische Ziele missbrauchten.
 
Es sei kein Problem, den Koran so zu interpretieren, dass friedliche Koexistenz möglich sei, meinte Wielandt. Für den aktuellen Dialog empfahl sie, weniger über grundlegende dogmatische Probleme zu diskutieren, als vielmehr aktuelle gemeinsam interessierende Sachfragen anzugehen, wie etwa Fragen nach der Religionsfreiheit, dem Stellenwert religiöser Erziehung oder einem gemeinsamen Umweltethos.
 
Dr. Jürgen Bründl, Assistent am Lehrstuhl für Dogmatik der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Würzburg, setzte sich in seinem Vortrag mit der These auseinander, es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen Gewalt, menschlicher Kultur und Religion. Es seien im Alten wie im Neuen Testament sowie im Verlauf der Kirchengeschichte vielfältige Beispiele für Gewaltanwendung um der Religion und der Wahrheit willen zu finden. Auch im Namen des christlichen Gottes der Liebe seien Menschen zu Tyrannen und Gewalttätern an den Un- und Andersgläubigen geworden.
 
Damit aber sei die Botschaft Jesu Christi pervertiert worden, der durch sein Erleiden von Gewalt am Kreuz das Wechselspiel von Gewalt und Gegengewalt durchbrochen habe. Gewalttätigkeit von Menschen könne niemals Gottesdienst, sondern nur Abfall von Gott bedeuten. Insofern sei eine Haltung der Vergebung, die in der – nicht nur – christlichen Nächsten- und Feindesliebe zum Ausdruck komme, der einzige Ausweg aus dem Teufelskreis von Gewalt und Rache. Bründl kritisierte die Rhetorik des US-Präsidenten George Bush, der „mit seiner Rede von der ‚Achse des Bösen‘ den ganzen christlichen Glauben in Frage stellt“.
 
(1002/0292; Telefax voraus)