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Feier des Kiliansfestes auf der Vogelsburg, 7.6.2024

Boten einer gesegneten und lebenswerten Zukunft

„Gerade in der Situation, die wir derzeit rings um den Erdball erleben, kommt es auf den absichtslosen Umgang mit Menschen an. Das wird langfristig als Zeugnis gelebter Menschlichkeit erkannt und für glaubwürdig erachtet werden“, sagte Domkapitular Clemens Bieber bei seiner Predigt zum Fest des hl. Kilian in der sonntäglichen Messfeier auf der Vogelsburg. „Glaubwürdig sind keine gedruckten Erklärungen und Stellungnahmen, keine Strategiepapiere. Glaubwürdig sind nur wir persönlich, jede und jeder von uns mit der eigenen Haltung im Umgang mit dem Leben.“

Die Predigt im Wortlaut:

Kilian – kein barock gekleideter Bischof, sondern ein einfacher irischer Wandermönch, der in einem kleinen Boot aufbricht, um die Frohe Botschaft von Jesus zu verbreiten. So hat ihn der Künstler Heinrich-Gerhard Bücker in einer beeindruckenden, großen Bronzeskulptur dargestellt. Im Jahr 2000 wurde dieses Denkmal im Umgang der Pfarrkirche meiner früheren Gemeinde Kleinostheim aufgerichtet.
Das Kreuz Jesu an seinem Boot zeigt ihm den Weg zu den Menschen; er bringt ihnen eine lebenswichtige Botschaft, die durch die Geste des hl. Kilian zum Ausdruck kommt:
Mit der rechten Hand greift er nach unten, gleichsam als wolle er die Menschen aus ihren dunklen, angsterfüllten Götter- und Lebensvorstellungen herausheben. Und mit der linken Hand verweist er nach oben, zum Licht des Lebens, zur Sonne, in der in hebräischer Schrift der Name Gottes zu erkennen ist: JAHWE – Ich bin der: Ich bin da!

Die Festwoche zu Ehren des hl. Kilian, die wir in der Diözese Würzburg jetzt begehen, will uns alljährlich an den Auftrag Jesu erinnern, den Menschen SEINE Frohe Botschaft als Wegweisung zu einem erfüllten, zufriedenen und beglückenden Leben zu bringen, – ein Auftrag, dem der große Heilige als Missionar und schließlich als Martyrer folgte.

Der Weisung Jesu, allen Menschen SEINE Botschaft zu verkünden, waren die Christen von Anfang an gefolgt, und so konnte durch die kleine Gruppe von Gläubigen innerhalb von drei Jahrhunderten eine weltumspannende Religion werden – und das ohne Waffen und trotz Verfolgung und Spott durch die Eliten ihrer Zeit.
Die Christen blieben nicht unter sich, sondern machten sich auf den Weg, knüpften enge soziale Netze. Dabei haben sie alle gesellschaftlichen Schichten angesprochen, haben soziale Schranken überwunden und vielen Menschen in ganz unterschiedlichen Situationen einen Sinn für ihr Leben eröffnet. Daraus ergaben sich zahlreiche weitere Auswirkungen der Frohen Botschaft Jesu wie Mildtätigkeit, Mitleid und die Hoffnung auf Auferstehung. Die frühen Christen verbanden Glaubenspraxis und soziales Handeln. Sie sorgten für Arme, Alte und Kranke, kümmerten sich um würdige Bestattungen.

Wenn wir uns Tag für Tag die Zeitungen und die Berichte in den Massenmedien wie Fernsehen, Radio und Internet vor Augen führen, wird deutlich, wie not – wendig auch heute die Botschaft Jesu für alle Bereiche unseres Lebens ist.

Exemplarisch will ich nur drei aktuelle gesellschaftspolitische Themen nennen:

  • Da erschreckt mich die Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Z.B. werden Kinder kaum als ein Geschenk auf Zukunft hin und als Chance für das Miteinander der Menschen wahrgenommen, vielmehr wird in Zahlen, in Kosten-Nutzen-Rechnungen, aufgelistet, was Kinder möglicherweise „an Mehrwert bringen“. Die Diskussionen mit dem Staat ebenso mit den Kommunen über die auskömmliche finanzielle Zuwendung, um den Betrieb von Kitas zu sichern, spiegeln häufig die mangelnde Einsicht in die Bedeutung dieser „Zukunftswerkstätten“ für unsere Gesellschaft.
    Meines Erachtens müsste man viel intensiver darüber diskutieren, wie nicht nur die sozialpolitischen, sondern auch die wirtschaftspolitischen Weichenstellungen familiengerecht gestaltet werden können. Neben diesen Rahmenbedingungen sind lebendige Nachbarschaften und gesunde Lebensräume unverzichtbar, die wir als Kirche in unseren Gemeinden mitgestalten können.
  • Das ökonomische Denken wirkt sich immer stärker auch auf die Be – wert – ung menschlichen Lebens aus: schon von der Geburt durch Selektion, die immer häufiger vorgenommen wird, bis hin zum Alter, wenn sich gebrechliche Menschen als Last und Belastung für die Gesellschaft empfinden und aktive Sterbehilfe immer breitere Zustimmung erfährt – angeblich aus humanitären Gründen. In der WELT stand in der vergangenen Woche zu lesen: „In Schweden ist es völlig akzeptiert, wenn Menschen über 80 nicht mehr beatmet werden“ In Belgien hat ein Gericht geurteilt, dass kirchliche Krankenhäuser und Pflegeheime aktive Sterbehilfe nicht mehr verweigern dürfen.
    Wenn das europäischer Standard wird, dann Gnade uns Gott, denn die Menschlichkeit einer Gesellschaft lässt sich gerade daran ablesen, wie sie kranke, schwache und sterbende Mitmenschen begleitet, mit ihnen umgeht und sie eben nicht aus der Welt schafft. An diesem sensiblen Punkt menschlichen Lebens braucht es unsere klare und eindeutige Haltung und Antwort als Christen. Pflegebedürftigkeit darf kein Betriebsunfall des Lebens sein! Deshalb muss pflegebedürftiges Leben einen Platz mitten in der Gesellschaft haben und darf nicht an den Rand geschoben oder gar ausgemerzt werden.
    An diesem Freitag war im Leitartikel der Main Post vom Risiko der Pflege für unsere Gesellschaft zu lesen. Damit verbunden war die Forderung nach einer stärkeren Förderung der Pflege angesichts der stark steigenden Zahl Pflegebedürftiger – inzwischen sind mehr als fünf Millionen Menschen darauf angewiesen.
  • Und deshalb noch ein drittes Stichwort: Die europäische Krise und der wachsende Nationalismus verbunden mit einem größtenteils simplen Populismus. Vor einiger Zeit sagte Jean-Claude Juncker: „… Europa, das ist mehr als eine Zweckgemeinschaft, … wo man an dem einen Tag Vollzeit-Europäer ist, weil man alles kriegt, und am anderen Tag Teilzeit-Europäer sein möchte, weil man etwas abgeben muss. …“
    Der sich dahinter verbergende Egoismus trifft auf alle europäischen Staaten zu: Ungarn, Tschechien, Slowakei, Italien, Frankreich, Niederlande, England und auch auf uns, wie die demoskopischen Umfragen zeigen. In einem Kommentar habe ich gelesen: „Drei Viertel der Deutschen wünschen sich mehr Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern – allerdings am liebsten, wenn es uns selbst nutzt.“

Der berechnende Umgang mit dem Leben, der berechnende Umgang von zunehmend mehr Menschen untereinander und der berechnende Umgang der Völkergemeinschaft mit der Not der Welt ist höchst gefährlich, denn er bereitet Extremisten den Boden.

Gerade in der Situation, die wir derzeit rings um den Erdball erleben, kommt es auf den absichtslosen Umgang mit Menschen an. Das wird langfristig als Zeugnis gelebter Menschlichkeit erkannt und für glaubwürdig erachtet werden.

Auf dieses Zeugnis kommt es heute an, nur dann wird die Frohe Botschaft als beste Wegweisung zum Leben in der Welt Glauben finden – wie in den ersten Jahrhunderten der Kirche, wie durch das Wirken des hl. Kilian. Der Weg führt die Menschen aus ihren auch heute noch verbreiteten dunklen und teilweise angsterfüllten Götter- und Lebensvorstellungen. Um die befreiende und frohmachende Lebensbotschaft Jesu zu bezeugen, braucht es uns – sowohl in der Kirche, im Leben unserer Familien wie auch in unseren Berufen, in denen wir Verantwortung für unsere Kirche, für unsere Gesellschaft und die Welt mittragen. Das heutige Evangelium macht zugleich deutlich: Wer sich zu Jesus und seiner wegweisenden Botschaft bekennt, braucht Standfestigkeit und muss mit Widerstand oder gar Ablehnung rechnen. Aber gerade dann ist die Botschaft Jesu besonders wichtig, damit das Leben gewinnt!

Vor der erwähnten Kiliansdarstellung ist auf einer Bronzeplatte ein aus der ältesten Lebensbeschreibung des Heiligen überlieferter Satz zu lesen: Fest miteinander vereint, brachen sie auf.

Darauf kommt es für uns alle an, ob in unserem persönlichen Engagement als Christen in und mit der Kirche und wo immer wir leben und wirken, also in unseren Gemeinden und in den Verbänden, in die wir uns einbringen, ebenso in unserem beruflichen Tun, wie auch in der verfassten Kirche oder in ihrer Caritas.

Glaubwürdig sind keine gedruckten Erklärungen und Stellungnahmen, keine Strategiepapiere. Glaubwürdig sind nur wir persönlich, jede und jeder von uns mit der eigenen Haltung im Umgang mit dem Leben.
Heinrich-Gerhard Bücker hat das eindrucksvoll dargestellt: Mit der einen Hand hebt Kilian die Menschen gleichsam heraus aus ihrem engen, angsterfüllten Denken und mit der anderen weist er auf Gott hin.

Wenn uns das mit Engagement in Familie, Beruf, Gemeinde, Vereinen und Kirche gelingt, dann wirkt die Botschaft von Kilian und seinen Gefährten auch in unseren Tagen weiter und wird zu einer Ermutigung zum Leben!

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

Es war einmal!?

Sind wir die Letzten, die glauben,
glauben an das, was war,
sind wir nur übrig geblieben,
übrig von dem, was war?
Andere sehn nur das Heute,
sehen nur das, was ist.
Sind wir die Letzten, die glauben,
glauben an das, was war?

Oder?!

Sind wir die Ersten, die glauben,
glauben an das, was wird,
sind wir die Vorhut von morgen,
Vorhut von dem, was wird?
Andere sehn nur das Heute,
sehen nur das, was ist.
Sind wir die Ersten, die glauben,
glauben an das, was wird?

(Lothar Zenetti)