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Ehrendoktorwürde für eine „Wanderradikale“

Würzburg (POW) Mit der Ehrendoktorwürde hat die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Würzburg die feministische Theologin Prof. Dr. Elisabeth Schüssler Fiorenza am Montagabend, 2. Dezember, ausgezeichnet. Mit stehenden Ovationen würdigten die rund 150 Teilnehmer der Feier im Auditorium Maximum die ehemalige Würzburger Studentin. Es sei für die Katholische Fakultät eine besondere Ehre, zum Abschluss der 600-Jahr-Feierlichkeiten mit Schüssler Fiorenza eine Wissenschafterin internationalen Rangs und Namens ehren zu dürfen, betonte Dekan Professor Dr. Otmar Meuffels.
 
Die Bedeutung von Elisabeth Schüssler Fiorenza für die Theologie hob Professor Dr. Bernd Heininger, Inhaber des Lehrstuhls für Neutestamentliche Exegese, in seiner Laudatio hervor. Dezidiert habe sie biblische Texte mit den Augen einer Frau untersucht und so eine wahre Lawine wissenschaftlicher Arbeiten mit diesem Ansatz ausgelöst. Schüssler Fiorenza habe die zentrale Rolle von Frauen in jeder Phase der urchristlichen Gemeinde herausgearbeitet. „Sie ist eine ‚Wanderradikale’ und lässt keinen Ort und Zeitpunkt aus, ihre Botschaft zu verkünden.“ Für Kompromisse sei sie dabei nicht zu haben: So fordere Schüssler-Fiorenza die Bischofsweihe für Frauen, und nicht nur das Diakonat. Unzählige Veröffentlichungen („Bei 147 wissenschaftlichen Aufsätzen habe ich aufgehört zu zählen“) kennzeichnen nach den Worten Heiningers den Eifer der Geehrten. Schon ihre Lizentiatsarbeit sei ein Muster an wissenschaftlicher Präzision, das inhaltlich mögliche Handlungsfelder von Frauen in der Pastoral auslote.
 
„Feminismus ist die radikale Überzeugung, dass Frauen vollwertige mündige Bürgerinnen mit Machtbefugnissen sind“, betonte Elisabeth Schüssler Fiorenza bei ihrem Festvortrag. „In Deutschland erlebe ich immer wieder einen Kulturschock, unter anderem weil so wenige Frauen eine Professur haben. Aber auch international sind Frauen noch immer Bürgerinnen zweiter Klasse.“ Frauen seien früher praktisch von den Universitäten ausgeschlossen gewesen. Schuld daran sei auch die Theologie gewesen, die bis zur Neuzeit Vorbild für alle anderen Fächer war. Daher sei Wissenschaft generell lange eine Männerdomäne gewesen, auch wenn sie in allen Bereichen durch die Dienstleistungsarbeit von Frauen gewährleistet worden sei. „Mit Scheuklappen können wissenschaftlich-ethische Aufgaben nicht in die kosmopolitische Welt übernommen werden“, betonte Schüssler Fiorenza. Ihr Ansatz sei radikal-demokratisch und beziehe sich nicht allein darauf, dass Frauen in der Kirche mehr Rechte haben müssten. Als Beispiel führte Schüssler Fiorenza den geringen Prozentsatz von Professorinnen an.
 
Sie sehe ihre Aufgabe unter anderem auch darin, immer wieder für die „gefährliche Erinnerung“ daran zu sorgen, dass das göttliche Heilswirken sich an alle Menschen richte. Wenn Frauen vom prophetischen Handeln ausgeschlossen seien, stelle das die Rede vom göttlichen Heilswirken in Frage. Die biblische Figur Mirjam werde im Buch Numeri zwar für ihr Tun bestraft, im Buch Micha aber ausdrücklich als Prophetin angesehen. Nur wenn es der Kirche gelänge, auch den Frauen einen Anteil an der Offenbarung zuzusprechen, mache es auch Sinn, sie um Vergebung für Unterdrückung und Auswüchse wie die Hexenverfolgung zu bitten.
 
Elisabeth Schüssler Fiorenza ist Absolventin der Universität Würzburg. 1938 in Tschanad/Rumänien geboren und in Folge der Kriegswirren über Österreich nach Unterfranken gelangt, studierte sie von 1958 bis 1962 an der Alma mater Katholische Theologie. 1970 erwarb sie an der Universität Münster mit einer vom jüngst verstorbenen, früheren Würzburger Neutestamentler Rudolf Schnackenburg angeregten Arbeit zum Herrschafts- und Priestermotiv in der Johannesapokalypse ihr Doktorat in Katholischer Theologie.
 
Seit 1970 lehrt Schüssler Fiorenza in den USA. Ihr Weg führte sie zunächst an die University of Notre Dame, wo sie in verschiedenen Funktionen tätig war. Von 1984 bis 1988 hatte sie die Talbot Professur für Neues Testament an der Episcopal Divinity School inne. Seit 1988 ist sie Inhaberin der Krister Stendahl Professur an der Harvard University. Parallel dazu hat sie eine Reihe von Gast- und Stiftungsprofessuren ausgeübt, unter anderem in Tübingen, Berlin und Heidelberg.
 
(4902/1561; Telefax voraus)